DAS ALTERTUM

Im Altertum war es üblich, alle neuen Errungenschaften künstlerisch in Wort und Bild darzustellen. Von Sehhilfen irgendeiner Art ist jedoch nichts bekannt. In Griechenland wurden um die Zeit von 2000 v.Chr. polierte Halbkugeln aus Quarz bzw. Glas gefertigt, mit denen sich Schrift vergrößern läßt. Nach derzeitigen Wissen sind diese Halbkugeln aber als Schmuckstücke für Schwerter, Zepter und Kleidung verwendet worden. Die vergrößernde Wirkung blieb für die Menschen dieser Zeit ungenutzt. Marcus Tullius Cicero (106-43 v.Chr. römischer Rechtsgelehrter, Politiker und Schriftsteller) klagte in einem seiner Briefe, über die Abnahme des Sehvermögens im Alter. Er schrieb, daß ihm nichts weiter übrig bliebe, als sich von Sklaven vorlesen zu lassen.

Vielfach bekannt sind die Aufzeichnungen des römischen Schriftstellers Gajus Plinius (23-79 n.Chr.). Er berichtet, daß Kaiser Nero die Kämpfe der Gladiatoren durch einen grünen Smaragd betrachtete. Man vermutete lange, daß Nero damit eine Kurzsichtigkeit ausgleichen wollte. Später kam man zur Ansicht, daß Nero sich nur gegen das grelle Sonnenlicht in der Arena schützen wollte.

 

DIE WEGBEREITER FÜR DIE GESCHICHTE DER BRILLE

Der griechische Mathematiker und Physiker Archimedes (287-212 v.Chr.) erfand den Brennspiegel. Die Legende berichtet, daß er damit römische Schiffe in Brand gesetzt haben soll. Der bereits erwähnte Gajus Plinius (23-79 n.Chr.) schrieb über die Vergrößerungswirkung einer wassergefüllten Glaskugel. Er konnte diese Erkenntnis jedoch nicht entsprechend nutzen. Der griechische Astronom und Mathematiker Claudius Ptolomäus (100-178 n.Chr.) beschäftigte sich unter anderem mit der Lichtbrechung. Der Araber Ibn al-Haitam (965-1039) schrieb das Buch „Schatz der Optik“. Darin berichtete er über die Lehren des Sehens, der Refraktion und der Reflexion. Bahnbrechend ist seine Überlegung das Auge mittels einer geschliffenen, optischen Linse zu unterstützen! Erst viel später erstellte Snellius (1581-1626) das Lichtbrechungsgesetz und publizierte es in einem fünfbändigen Werk über die Optik.

 

DER LESESTEIN

Um 1240 übersetzte Erazm Golek Vitello (1220-1280) das Buch des Arabers Ibn al Haitam ins Lateinische. Westeuropäische Mönche griffen den Gedanken Ibn al Haitam’s auf und fertigten überhalbkugelige Plankonvexlinsen. Diese erste Lesehilfe wurde mit ihrer ebenen Fläche auf Schriften gelegt, womit eine erhebliche Vergrößerung der Schriftzeichen erreicht wurde. Alterssichtig gewordene Klosterbrüdern konnten wieder Lesen!

Roger Bacon (1214-1294) erkannte die Bedeutung des Lesesteins, führte Verbesserungen durch und suchte nach einer wissenschaftlichen Erklärung. Der Lesestein wurde in erster Linie aus Quarz oder Bergkristall gefertigt. Außerdem dienten Halbedelsteine, sogenannte Berylle, als Rohmaterial. In diesem Zusammenhang tauchte der Name „Brille“ zum ersten Mal auf: Eine aus Beryll geschliffene Linse wurde „Brill“ genannt – zwei solch gefaßte Linsen bekamen den Namen „Brille“.

Eine verbesserte Ausführung des Lesesteins findet noch heute als Visolettlupe Anwendung!

 

DIE NIETBRILLE

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts begann man die Kugelsegmente flacher zu schleifen und näherte sie dem Auge. Man erkannte den Vorteil des dadurch entstandenen, größeren Gesichtsfeldes und bediente sich zur weiteren Verbesserung zweier solcher Linsen. In der Folge wurden die Linsen zu ihrem Schutz und zur besseren Handhabung mit einer Fassung versehen und miteinander verbunden. Die Ränder dieser Brillen wurden an ihren dreieckigen Verstärkungen aufgeschlitzt, um das Glas in der Fassung aufnehmen zu können. Man öffnete dabei die Fassung ein wenig und verschloss sie danach mit einem Faden.

Die Länge der Stiele war bei den einzelnen Exemplaren unterschiedlich. Der Durchmesser der Gläser betrug etwa nur 3cm. Zu dieser Zeit war Murano führend in der Glasverarbeitung. Die älteste derzeit bekannte Darstellung einer Brille befindet sich im Kapitelsaal der Kirche San Nicolo in Treviso unweit von Venedig. Tomaso di Modena portraitierte 1352 den Kardinal Hugo de Province mit seiner Nietbrille (Bild rechts).

Zu den ältesten Hinweisen auf die Existenz einer Brille gilt die Predigt des Dominikanermönches Giordano da Rivalto aus dem Kloster der hl. Katharina zu Pisa vom 23. Februar 1305. Die Predigten des Mönches werden in Florenz aufbewahrt. In der angesprochenen Predigt findet man folgende Passage: „Es ist noch nicht 20 Jahre her, daß man die Kunst Brillen zu machen, fand, durch die man besser sieht. Es ist eine der besten und notwendigsten Künste.“ In einer Chronik des Dominikanerordens im Kloster der hl. Katharina zu Pisa findet man zudem einen Verweis auf den 1313 verstorbenen Bruder Alexander della Spina:

 „Bruder Alexander della Spina, ein bescheidener und guter Mann, verstand es, alle Erzeugnisse, welche er sah oder von denen er hörte, auch auszuführen. Er verfertigte Brillen, welche zuerst von jemanden gemacht wurden, der darüber aber nichts mitteilen wollte, selbst und verbreitete sie fröhlichen und bereitwilligen Herzens.“

Diese sogenannten Nietbrillen bestanden aus Eisen, Holz oder Horn und besaßen noch keinerlei Befestigung für den Kopf. Sie wurden einfach vor die Augen gehalten. Nietbrillen waren zu dieser Zeit sehr wertvoll und blieben, wie so viele Dinge dieser Zeit, den Angehörigen der gelehrten und reichen Stände vorbehalten. Eine der ältesten österreichischen Abbildungen (Bild links) einer Brille befindet sich im Augustinerchorherrnstift in Klosterneuburg. Das Gemälde wurde von König Albrecht II. gestiftet und von einem unbekannten österreichischen Maler geschaffen. Auf dem 1439 entstandenen Gemälde des Flügelaltars trägt einer der Apostel eine Nietbrille.

Eine weitere frühe Abbildung einer Nietbrille ist im Besitz des Wiener kunsthistorischen Museums. Das Gemälde wurde 1498 vom Meister von Großgmain geschaffen und zeigt den, in einem Buch lesenden, heiligen Augustinus.

 

DIE BÜGELBRILLE

Die erste technische Verbesserung erfuhr die Brille etwa in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die Nietbrille bestand noch aus zwei bloß übereinander genieteten, instabilen Teilen. Bei der nun verbesserten Konstruktion wurden zwei gefaßte Gläser mittels eines Bügel bzw. Bogen verbunden. Sie wurden aus Eisen, Bronze, Holz, Leder, Knochen, Horn und Fischbein angefertigt. Eine alte, sehr bekannte Darstellung einer Bügelbrille findet man am Flügelaltar der Kirche im deutschen Niederwildungen/Waldeck. Konrad von Soest malte 1404 den Evangelist Lukas mit einer Bügelbrille, welche sich dieser vor seine Augen hält. In der Mitte des Bügels befindet sich eine Öse, die wahrscheinlich als Haltevorrichtung für eine schützende Kette diente, welche ein Herabfallen der Bügelbrille verhindern sollte.

Eine Beschädigung des Glases bedeutete in der Regel eine mehrmonatige Wartezeit für den Erhalt eines Ersatzes. 1445 erfand Johann Gutenberg den Buchdruck – die Nachfrage nach Lesehilfen stieg von nun an immer mehr.

Um das mühsame Vorhalten der Brille überflüssig zu machen, wurde in weiterer Folge der Bügel mit Einschlitzungen versehen. Dies machte den Steg elastischer und ermöglichte einen behelfsmäßigen Sitz der Brille auf der Nase.

 

DIE MÜTZENBRILLE

Eine einfache Hilfskonstruktion erlaubte es, die Brille an einer tief sitzenden Mütze zu befestigen. Diese originelle Art der Sehhilfe verwendete man vom 15. bis in das 18. Jahrhundert. Als Material diente zumeist Eisen.

Die Mützenbrille – auch Stirnfortsatzbrille genannt – wurde hauptsächlich von Frauen und Personen des höheren Standes getragen: Sie mußten beim Grüßen die Kopfbedeckung fast nie abnehmen.

 

DAS MONOKEL

Das Monokel findet man, als Weiterentwicklung des Lesesteins, bereits im 14. Jahrhundert . Anfangs wurde es noch mit der Hand über den Text, bzw. vor das Auge gehalten. Den gravierenden Vorteil des Einklemmens zwischen Wange und Oberlid erkannte und nutzte man erst im 16. Jahrhundert. Richtige Verbreitung erlangte es aber erst um 1800. Zu dieser Zeit setzten sich Sehhilfen auch in der bürgerlichen Mittelschicht durch. Das Monokel wurde nun zu einer echten Modeerscheinung. Es wurde vielfach als Ausdrucksmittel der eigenen Persönlichkeit benutzt: Zur Selbstdarstellung auffallend vor das Auge geklemmt, konnte man es schnell in die Westentasche gleiten lassen.

Ärzte sagten dem Monokel lange eine gesundheitsschädliche Wirkung nach, da man zu seiner Benutzung das Gesicht verzerren mußte.

 

DIE STIRNREIFENBRILLE

Diese innovative Konstruktion wurde im 16. Jahrhundert entwickelt. Sie bestand aus einem um den Kopf bzw. um die Stirn gelegten Metallreifen, von dem die Gläser herabhingen.

1797 konstruierte der englische Optiker Dudley Adams eine verbesserte Version der Stirnreifenbrille. Er beachtete bereits die so wichtige Pupillendistanz! Bei seinem Patent wurden die Ohren schon als Brillenhalt verwendet.

 

DIE GELENKBRILLE

Im 16. Jahrhundert wurde, parallel zur Stirnreifenbrille, auch eine verbesserte Nietbrille erfunden, bei der man die starre Verbindung der beiden Glasfassungen durch ein Scharniergelenk ersetzte.

 

DER ZWICKER

Das 16. Jahrhundert brachte eine weitere, damals weit verbreitete, Sehhilfe hervor: Der Zwicker. Anfänglich wurden die beiden Glasfassungen mit einem Federbügel aus Eisen oder Kupfer verbunden. Später wurden die Glasfassungen mit einem Lederpolster versehen um Druckstellen auf der Nase zu minimieren.

Die schäbig gewordenen Lederpölster konnte man, bei den teilweise sehr anspruchsvollen Konstruktionen, bequem gegen neue wechseln. Die Hochblüte der Zwicker währte vom 17. bis in das 19. Jahrhundert.

 

DIE FADENBRILLE

Der extrem unangenehmen Druck auf die Nase erwies sich als großer Nachteil der Zwicker. Ende des 16. Jahrhunderts kam man auf den Gedanken die Brille mit einem Faden um die Ohren zu befestigen. Diese, auch Pindtbrillen (von binden) genannten, Lesehilfen hatten ihren wahrscheinlichen Ursprung in Spanien. Zum ersten Mal in der Entstehungsgeschichte der Brille waren einerseits bei ihrer Benutzung die Hände frei, andererseits ein relativer Halt ohne Druck auf der Nase gegeben. Spanische Missionare dürften die Fadenbrille nach Asien exportiert haben. Teilweise wird sie dort noch heute verwendet!

 

DAS LORGNON

Das Lorgnon findet noch heute mit einem Stiel zum Vorhalten Verwendung. Seinen einstigen Ursprung fand es wohl als umgekehrt gehaltene Nietbrille. Dieser schon im 15. Jahrhundert auftauchende Vorläufer des Lorgnon wurde „Scherenbrille“ genannt.
Im 18. Jahrhundert eroberte das Lorgnon den deutschsprachigen Raum. An der Wende zum 19. Jahrhundert erfreute es sich großer Beliebtheit in Frankreich. In dieser Zeit wurde der Scherenbrille seitlich ein Stiel hinzugefügt.

Eine wesentliche technische Innovation stellte das zusammenlegbare Lorgnon dar. Die beiden Brillengläser konnten zusammengelegt werden und bei Bedarf mittels einer Feder geöffnet werden. Das Lorgnon wurde zumeist von Damen benutzt – wir kennen wertvolle, verzierte Variationen.

 

DIE OHRENBRILLE

Anfang des 18. Jahrhunderts entstanden Brillen mit seitlich angebrachten Stangen, sogenannte „Schläfenbrillen“. Um einen besseren Sitz zu erzielen, wurde das Ende der Stangen oft mit einem Metallring versehen.
Die Entwicklung einer Brille, die hinter dem Ohr befestigt wird benötigte 500 Jahre! Um den Tragekomfort zu steigern, entwickelte man immer besser konstruierte Bügel und angenehmere Nasenauflagen.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden immer wieder neue Werkstoffe gefunden – in den 40ern eroberten Kunststoffe die Fassungsindustrie, Kunstoffgläser minimierten das Brillengewicht. In den 80ern hielt das Leichtmetall Titan Einzug. Brillen unter 15 Gramm sind heute keine Seltenheit mehr!

 

Quelle: http://www.optiker.at/museum/geschichte-der-brille/

Bild: Brille von orgreen

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